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Pressebeitrag: Planung für Südwestumgehung – der Ton wird schärfer

Bürgerinitiative weist Vorwürfe zurück.

In der Debatte um die Planungen für die Südwestumgehung wird der Ton schärfer.

(Badische Neueste Nachrichten, 29.05.2021, Hansjörg Ebert)

Bretten. Die Bürgerinitiative Verkehrsentlastung Bretten (BIVEB) meldet sich seit seit geraumer Zeit immer wieder zu Wort, wenn es um das Mobilitätskonzept der Stadt oder die Planungen zur Südwestumgehung
geht. Dafür bekommt sie nicht nur Beifall. Sie wird stellenweise sogar heftig kritisiert, wie zuletzt in einer
Stellungnahme des Aktiven-Stadtrats und Ruiter Ortsvorstehers Aaron Treut. Der warf der Bürgerinitiative vor, dass hier nur eine Handvoll Leute die Klima und Naturschutzkeule schwingen und aus purem Eigeninteresse eine Südwestumfahrung verhindern wollen. Denn die wohnten ja alle – so ist es auch andernorts zu hören – am Steiner Pfad und wollten nur keinen Verkehr vor ihrer Haustür. Treut wirft der BIVEB weiter vor, Gutachten nur halb zu zitieren und Halbwahrheiten zu produzieren. Sein Fazit: Wenige Stadtrandbewohner versuchten, knapp 30.000 Menschen zu dominieren oder zu instrumentalisieren.
Was ist dran an diesen Vorwürfen? Wer und was legitimiert die BIVEB, sich in das Verfahren und den damit verbundenen Diskurs einzuklinken? Wer steht überhaupt hinter dieser Initiative und wie läuft die Meinungsbildung dort ab?

Die Brettener Nachrichten haben darüber mit den beiden Sprechern der Initiative, dem 51-jährigen Architekten Frank Schneidereit (parteilos, jedoch den Grünen nahestehend) und der 55-jährigen Unternehmensberaterin Kathrin Breuer (FWV) gesprochen. „Bereits bei der Spontangründung der Initiative im Jahr 2017 gab es einen Gründungskreis von mehr als 20 Mitstreitern“, erklärt Schneidereit. Im Sommer 2017 seien es dann mehr als 250 Brettener gewesen, die einen offenen Brief der Bürgerinitiative an den Gemeinderat und den OB aktiv unterstützt hätten. „Wir sind also alles andere als nur eine Handvoll Leute“, erklärt Breuer. Ein siebenköpfiges Organisationsteam, dem neben Breuer und Schneidereit auch Alexander Herzfeld, Beate Zonsius, Dieter Breuer, Thomas Holland-Cunz und Thomas Peschel angehören, trifft sich derzeit ein bis zwei Mal in der Woche digital und kümmert sich darum, welche Teams welche Themen bearbeiten können.

Außerdem bereitet das Team die größeren Treffen vor, bei denen sich alle vier bis fünf Wochen rund 40 Leute per Videokonferenz zusammenschalten, um die aktuellen Projekte zu erörtern. „Die einen schreiben die Fraktionen an, die anderen werten Gutachten aus, wieder andere bereiten Exkursionen vor, um den geplanten Trassenverlauf einmal abzulaufen“, berichtet Breuer. „Wir beide sind nur die Sprecher der Bürgerinitiative, quasi die Gesichter der Gruppe, das erweckt vielleicht den Eindruck, dass sich die BIVEB damit erschöpft“, bekundet Schneidereit. Doch dem sei mitnichten so. Das Anliegen der BIVEB teilten viele. Und viele arbeiteten engagiert mit.

„Wir wohnen tatsächlich Am Steiner Pfad, aber fernab vom Rand des Baugebiets, das später vielleicht einmal vom Verkehrslärm einer Umgehungsstraße betroffen sein könnte“, erklären die beiden Sprecher. Und tatsächlich gäbe es weitere Mitstreiter aus diesem Wohngebiet, was aber vor allem daran läge, dass man sich gut kenne und den Wunsch nach einer Verkehrsentlastung für die ganze Stadt teile. „Unser großes Thema ist die Zukunftsfähigkeit der Stadt und die Lebensqualität in ganz Bretten“, betont Breuer. Die Vorwürfe Treuts halten die BIVEB Sprecher, die sich beide auch im Stadtentwicklungsprojekt ISEK und für das Mobilitätskonzept engagieren, für völlig abwegig und eines Stadtrats unwürdig. „Das sind haltlose Unterstellungen, die wir zurückweisen“, bekundet Schneidereit.

Foto: Thomas Rebel

Die Stärke der BIVEB sei nicht die Lautstärke, sondern inhaltliche Arbeit, Austausch und Dialog. Und genau deshalb sei man im intensiven Gespräch mit dem Regierungspräsidium, um Verständnisfragen zu klären und das Ergebnis der Untersuchungen für die Bürger verständlich zu kommunizieren. In diesem Sinne habe die BIVEB das neue Verkehrsgutachten des Büros Koehler & Leutwein ausgewertet. „Wir haben uns auf die Zahlen zum Gesamtverkehr konzentriert und gefragt, welche Auswirkungen die geplante Umgehungsstraße auf den Gesamtverkehr in Bretten hat“, informiert Schneidereit. Dabei sei eine Diskrepanz der Zahlen aus den jeweiligen Plänen zu den Bilanzierungen im Textteil aufgefallen. Diese Unstimmigkeiten habe man verbunden mit den eigenen Auswertungen ans Regierungspräsidium geschickt, mit der Bitte um Aufklärung. „Wir kommen bei unserer Auswertung im Falle der Realisierung der Südumfahrung im Jahr 2035 auf eine Zunahme des Gesamtverkehrs in Bretten um ein Drittel gegenüber dem prognostizierten Gesamtverkehr ohne Umgehungsstraße, bei einem innerstädtischen Entlastungseffekt durch die Umgehungsstraße von rund zehn Prozent des Gesamtverkehrs“, erklären die BIVEB-Sprecher.

Die Umgehungsstraße ziehe laut Verkehrsgutachten durchschnittlich pro Tag über 9.000 zusätzliche Fahrzeuge an. Ob sich unter diesen Gesichtspunkten der Bau einer Umgehung rechtfertigt, müsse man auch im Blick auf das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts, die nachfolgenden Generationen nicht übermäßig zu belasten, sorgfältig prüfen.

Hintergrund:

Die Bürgerinitiative Verkehrsentlastung Bretten, kurz BIVEB, wurde im Juli 2017 gegründet. Das große Anliegen von Anfang an war, mehr Lebensqualität für Bretten zu schaffen. Weniger Auto- und Schwerverkehr, dafür mehr Sicherheit für Fußgänger, Radfahrer und Kinder sind die konkreten Ziele.

Mit einem Mobilitätskonzept, das alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigt, will man dies erreichen. Mit einem Einwohnerantrag, der im Juli 2018 von über 800 Brettenern unterschrieben wurde, erreichte die Initiative, dass die Stadt und der Gemeinderat ein solches Mobilitätskonzept auf den Weg brachten, das Schritt für Schritt Gestalt gewinnt. Auch in der seit Jahren laufenden Debatte um eine Umgehungsstraße hat sich die BIVEB positioniert: Sie ist davon überzeugt, dass die geplante Südwestumgehung nur eine geringe Verkehrsentlastung für Bretten bringen würde, dafür aber eine große Umweltbelastung und die Zerstörung von wertvollem Naturraum.

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